Die einen rufen begeistert: Ja! Die anderen haben einen kritischeren Blick darauf. Unser Experte nimmt zum Reifegrad von Chatbots Stellung und führt aus, was es für erfolgreiche Chatbots braucht
21 April 2020
Über das in der Welt der Customer Experience brisante Thema Chatbots liefert Daniel Freiberger im folgenden Artikel eine Experten-Meinung. Er ist Digital Advisor und Customer Experience-Evangelist. Bei Tietoevry Austria ist er Ansprechpartner für alle Themen rund um digitale Maßnahmen zu höherer Kundenzufriedenheit.
Chatbots sind heute keine Seltenheit mehr. Doch wie gut erfüllen sie ihren Einsatzzweck? Ich, Daniel Freiberger, habe mich für Sie mit dem Status Quo von virtuellen Assistenten im Gesamtspiel einer gelungenen Customer Experience beschäftigt.
Chatbots gelten als DIE Lösung für Prozessautomatisierungen im Kundenservice. Ich erinnere mich noch, als es vor einigen Jahren hieß, dass bis 2020 an die 80% aller Unternehmen dialogbasierte Interfaces einführen werden*. Das hat sich aus heutiger Sicht nicht bewahrheitet. Nach einer ambitionierten Implementierungsphase quer durch alle Branchen, folgte auch schon die erste Ernüchterung. Denn den meisten Nutzern war und ist wohl nach wie vor kaum bekannt, wie sie mit Chatbots richtig umgehen sollen. Die Sprache und Erwartungen der Nutzer passen sich nämlich ohne Anleitung nicht automatisch an die Kommunikationsmöglichkeiten einer Maschine an. Doch die Basis der Chatbot-Intelligenz ist ein Fragenbaum und bildet nicht die Funktionsweise natürlicher Sprache ab. Die Konsequenz: Ein unbefriedigender Informationsaustausch und eine sinkende Kundenzufriedenheit.
Nichtsdestotrotz ist die Zahl der Chatbot-Lösungen zuletzt wieder gestiegen.** Das große Interesse von Unternehmen an Chatbots und deren Nutzen liegen auf der Hand. Eine erfolgreiche Implementierung ermöglicht:
Bis 2025 sollen bis zu 7 Milliarden USD in Chatbots investiert werden.*** Diese Prognose könnte sich durch Covid-19 und die dadurch beschleunigte Digitalisierung diesmal vielleicht sogar tatsächlich erfüllen.
Wenn Chatbots den hohen Geschäftserwartungen gerecht werden sollen, müssen sie auch die Nutzer zufrieden stellen. Daher sollten Technologieanbieter und Unternehmen aus den Pionierprojekten der Vergangenheit unbedingt lernen. Für mich gibt es abseits technologischer Fragen drei zentrale Erfolgsfaktoren bei einer Chatbot-Implementierung:
Kunden sind kaum mehr bereit, zusätzliche Apps zu installieren. Daher ist für die hohe Nutzungsquote eines Chatbots die Integration mit etablierten Kommunikationskanälen wie Whatsapp, Facebook, Microsoft Teams oder der Firmenwebsite essenziell.
Bei einem guten Chatbot-Design erkennen die Nutzer, was sie vom Chatbot erwarten können und wie sie ihre Informationsziele erreichen. Wenn der Nutzer zum Beispiel versteht, dass die Maschine anhand von Fragen modelliert ist, wird er eher auf eine präzise Wortwahl achten. Stellen Sie klar, welche Service-Anfragen mit einem Chatbot gut zu lösen sind und welche Anfragen über einen alternativen Service-Kanal besser bedient werden. Kann der Nutzer mit Hilfe des Chatbots ein Problem selbstständig schneller bearbeiten, wächst auch die Akzeptanz automatisierter Service-Kommunikation. Ein effektiver Chatbot ist jedenfalls in eine integrierte Omni-Channel-Umgebung eingebettet, die für den Kunden intuitiv, aber auch transparent gestaltet ist.
Nutzer empfinden Chatbots (häufig zu Recht) als “Gatekeeper”, die sie vom Kontakt mit einem Service-Mitarbeiter abhalten. Kritisch wird es, wenn ein Kunde verärgert aufgibt, bevor er sein Anliegen lösen konnte. Es ist daher wichtig, dass dringende Service-Anfragen bzw. jene die der Chatbot nicht lösen kann, als solche vom System rasch erkannt werden und in den direkten Kundenservice transferiert werden. Nur so kann die Kundenzufriedenheit in einer teilautomatisierten Kommunikationsumgebung gewährleistet werden. Virtuelle Assistenten sollen Service-Mitarbeiter nicht ersetzen, sondern bei einfachen, gut ausgewählten Aufgabenstellungen entlasten. Und dies Rund um die Uhr, mehrsprachig.
Die gute Nachricht ist: Chatbots werden intelligenter. Der Reifegrad von künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen und natürlicher Sprachverarbeitung (NLU, NLI) steigt. Vor allem die Kombination der technischen Methoden und Ansätze ist vielversprechend. Aber auch in Zukunft bleibt es wichtig, Chatbot-Applikationen schrittweise zu entwickeln, um eine einwandfreie Funktionalität zu gewährleisten. Denn wenn der Chatbot mehr verstehen soll, als er kann, wird keine nachhaltige Kundenzufriedenheit entlang der digitalen Transformation möglich sein.
* Business Insider Intelligence 2016
** CB Insights: Chatbot Revolution
*** Mordor Intelligence (2019): Chatbot Market - Growth, Trends and Forecast (2019-2024)
Sie können Daniel Freiberger unter +43664 841 42 30 bzw. per E-Mail erreichen.